Februar 2021

Nur durch Zufall hat der Deutsche Altphilologenverband Nordrhein-Westfalen (DAV NRW) von einer geplanten Änderung der Lehramtszugangsverordnung[1] (LZV) erfahren, die Auswirkungen auf die von der Kultusministerkonferenz (KMK)[2] vereinbarten Qualitätsstandards Latinum und Graecum haben kann.

Nachdem in der LZV 2016 bereits z. B. das Fach Geschichte nur mit Kenntnissen in Latein „auf dem Niveau eines Kleinen Latinums“ studiert werden konnte, soll dies in dem Entwurf der neuen LZV auch für die Fächer Katholische und Evangelische Religionslehre eingeführt werden. In der Begründung heißt es, dass damit „Anregungen der Kirchen“ aufgegriffen würden, ein Autor oder eine Organisation werden dort aber nicht konkret genannt.

Der DAV NRW möchte nicht über Anforderungen anderer Fächer sprechen, aber doch fragen, warum ein bundesweiter Standard wie das Latinum nach und nach aufgegeben wird und stattdessen lediglich Kenntnisse auf dem Niveau des Kleinen Latinums verlangt werden.

Was ist denn mit „Kenntnissen auf dem Niveau des Kleinen Latinums“ gemeint? Während das Latinum den von der KMK definierten Qualitätsstandard Latinum bundesweit sichert (vgl. Fußnote 2), bedeutet bereits das Kleine Latinum eine landesinterne, allerdings durch Kriterien definierte Relativierung[3]. Für „Kenntnisse auf dem Niveau des Kleinen Latinums“ liegen bisher keine messbaren und vergleichbaren Kriterien vor (vgl. Fußnote 1, Begründung). Der DAV NRW befürchtet daher eine deutliche Absenkung der Standards 

Hieß es in der früheren LZV noch an vielen Stellen „Kenntnisse in Latein (Latinum)“ oder „Kenntnisse in Griechisch (Graecum)“ wird jetzt mit der Formulierung „Kenntnisse im Niveau von“ operiert und damit die Zuständigkeit der Überprüfung dieser Kenntnisse in die Hand der einzelnen Universitäten gelegt.

Wenn die einzelnen Universitäten die Kenntnisse nachweisen sollen, dann ist damit der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet und eine Abwanderung von Studierenden zu den scheinbar leichteren Universitäten, die die geringsten „Kenntnisse“ auf der nach unten hin offenen „Kenntnisskala“ verlangen, vorgezeichnet.

Zudem möchte der DAV NRW darauf aufmerksam machen, dass bei der Formulierung der Sprachkenntnisse im Fach Ev. Religionslehre - vielleicht unabsichtlich – die Konjunktion „sowie“ zwischen der Sprache Griechisch und den beiden anderen Sprachen ausgelassen wurde („im Fach Evangelische Religionslehre auf Kenntnissen in Griechisch auf dem Niveau des Graecums, auf Kenntnissen in Hebräisch auf dem Niveau des Hebraicums oder auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums“). Dadurch müssten die Studierenden nur noch „Kenntnisse im Niveau von“ einer antiken Sprache nachweisen statt auf jeden Fall in Griechisch und einer der anderen beiden Sprachen.

Wir warnen eindringlich davor, die Standards zu senken, und appellieren noch einmal an die für den Entwurf der LZV Verantwortlichen, die Änderungen im §11 zu überdenken oder – auch gerne mit unserer Hilfe - zumindest für landesweite Standards zu sorgen.

Dr. Susanne Aretz für den DAV NRW


[1] die LZV, Stand April 2016: §11 Nachweis fremdsprachlicher Kenntnisse

(2) Die erforderlichen fachwissenschaftlichen Kompetenzen für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen beruhen in bestimmten Fächern auf weiter gehenden Sprachkenntnissen entsprechend der Verordnung über den Bildungsgang und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe vom 5. Oktober 1998 (GV. NRW. S. 594) in der jeweils geltenden Fassung: 1. im Fach Katholische Religionslehre auf Kenntnissen in Latein (Latinum), im Fach Philosophie/Praktische Philosophie auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums oder auf Kenntnissen in Griechisch (Graecum), 2. in den Fächern Latein und Griechisch auf Kenntnissen in Latein und Griechisch (Latinum und Graecum), 3. im Fach Evangelische Religionslehre auf Kenntnissen in Griechisch (Graecum) sowie auf Kenntnissen in Latein oder Hebräisch (Latinum oder Hebraicum) und 4. im Fach Geschichte auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums. Die erforderlichen fachwissenschaftlichen Kompetenzen für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen beruhen im Fach Katholische Religionslehre neben dem Latinum auf Grundkenntnissen in Griechisch und Hebräisch, im Fach Islamische Religionslehre auf Kenntnissen des Arabischen. (3) Die Hochschulen können in ihren Ordnungen weitergehende Anforderungen stellen. (vgl. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=15620&vd_back=N211&sg=0&menu=1)

Neu ist jetzt: 7. § 11 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
a) Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 1 wird das Wort „(Latinum)“ durch die Wörter „auf dem Niveau eines Kleinen Latinums“ ersetzt.
bb) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:
„3. im Fach Evangelische Religionslehre auf Kenntnissen in Griechisch auf dem Niveau des Graecums, auf Kenntnissen in Hebräisch auf dem Niveau des Hebraicums oder auf Kenntnissen in Latein auf dem Niveau eines Kleinen Latinums und“.
b) In Satz 2 werden die Wörter „dem Latinum“ durch die Wörter „den Kenntnissen in Latein nach Satz 1 Nummer 1“ ersetzt. (vgl. https://dvpb-nw.de/wp-content/uploads/2020/12/%C3%84nderungsentwurf-LZV.pdf)

Begründung: Zu 7 (§ 11 Absatz 2) Die Änderungen greifen Anregungen der Kirchen auf und ermöglicht (sic!) es, die Fächer Evangelische Religionslehre und Katholische Religionslehre künftig auch mit Lateinkenntnissen auf dem Niveau eines Kleinen Latinums zu studieren. Mit der Bezugnahme auf das „Niveau eines Kleinen Latinums“ werden die materiellen Anforderungen an die erforderlichen Lateinkenntnisse durch die Verordnung über die Bildungsgänge und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe vorgegeben und definiert, ohne dass formal ein Kleines Latinum erworben werden muss. Der Nachweis kann daher auch durch gleichwertige fachbezogene Prüfungsleistungen in Latein – beispielsweise auf der Grundlage von Lateinkursen der Universität – erbracht werden; gleiches gilt für die Kenntnisse in Griechisch und Hebräisch.

[3] BASS 19-33 Nr. 3 Ordnund der Erweiterungsprüfungen zum Abiturzeugnis in Lateinisch, Griechisch, Hebräisch (Latinum/Kleines Latinum/Graecum/Hebraicum), RdErl. d. Kultusministeriums v. 02.04.1985 (GABI. NW. S. 287, Pkt. 3.2)

Liebe, verehrte DAV-Mitglieder,
sehr geehrte Freunde und Interessierte,           

schon im Geleitwort zum Hauptteil des Newsletters 22 hatten wir auf die Stellungnahme des DAV-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen zur geplanten Änderung der Lehramtszugangverordnung hingewiesen, in welcher die Standards des Latinums wie auch des Graecums neben verschiedenen Fächern sogar für Religionslehre nicht mehr als Lehramtsvoraussetzung gefordert sein sollen. 

In diesem Supplementum bekommen Sie anstelle einer Verlinkung den gesamten Wortlaut der Stellungnahme ungekürzt präsentiert. Wir bitten um besondere Beachtung.

Falls Sie selbst eine Nachricht oder eine Ankündigung weitergeben möchten, können Sie sich an folgende E-Mail-Adresse wenden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Uns bleibt wie immer, Ihnen für Ihr Interesse zu danken und eine anregende Lektüre zu wünschen.

Für den DAV-Vorstand und die Beitragenden des Newsletters

Hartmut Loos, Prof. Dr. Ulrich Schmitzer sowie Dr. Anne Friedrich

Wo Sauerbruch sein Graecum bestand:

Der bedeutendste deutsche Chirurg des 20. Jahrhunderts, Ferdinand Sauerbruch, wurde nicht weniger als 60 Mal für seine herausragenden chirurgischen Entwicklungen für den Nobelpreis vorgeschlagen. Erhalten hat er ihn nicht einmal.

Weiterlesen: Berühmter Chirurg Sauerbruch lernte in Mülheim: "Die Knochensäge, bitte!" - Mülheim an der Ruhr (lokalkompass.de)


Griechenland Zeitung 

Griechische Sprache ist „Kompass“ und „Leuchtturm“

Weiterlesen: Griechische Sprache ist „Kompass“ und „Leuchtturm“ - GRIECHENLAND.NET


Letzte Meldung von Ovids Metamorphosen:

Wer ist die ultimative Muhtante? - Io. Wirklich total muhtiert.

Einladung zur Linguistik-Olympiade / Erste Runde

Liebe Linguistik-Interessierte,

seit einigen Jahren organisiert das Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) das Training und die Auswahl des deutschen Teams für die Internationale Linguistik-Olympiade. Die erste Auswahlrunde, ein Online-Test, ist nun eröffnet. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diese e-mail an möglichst viele Interessierte, insbesondere an Lehrerinnen und Lehrer, weiterleiten.

Die Linguistik-Olympiade ist ein noch relativ unbekannter Wettbewerb, bei dem die Schüler*innen knifflige Rätsel zum Entziffern von unbekannten Schriften und Sprachen lösen. Die Aufgaben erfordern keine fachspezifischen Vorkenntnisse. Man braucht lediglich Freude am Erkennen von Mustern und Knobeleien. Im vergangenen Jahr hat beispielsweise ein Schüler eines mathematisch-naturwissenschaftlich betonten Gymnasiums die deutsche Nationalauswahl gewonnen. Unter folgenden Links finden Sie ein Interview mit ihm, eine gekürzte Version hier:  https://www.youtube.com/watch?v=FfzxcGCN7Bo und das vollständige Interview hier: https://www.youtube.com/watch?v=sHrlcVlgZw4

Teilnehmen können alle Schüler*innen an Schulen in Deutschland, die noch nicht zum Studium eingeschrieben sind, und mindestens 14 Jahre und jünger als 20 Jahre am 19. 7.2021, dem Eröffnungstag der Internationalen Olympiade, sind.

Die nationale Linguistik-Olympiade und damit die Auswahl des deutschen Teams für die Internationale Linguistikolympiade (IOL) erfolgt in drei Runden.

1) Die erste Runde ist ein Online-Test. Teilnahmezeitraum: 08. bis 28. Februar 2021. Die besten Kandidat*innen der ersten Runde qualifizieren sich für die zweite Runde.

2) Die zweite Runde ist ebenfalls eine Online-Runde, deren Aufgaben umfangreicher und anspruchsvoller sind. Voraussichtlicher Zeitraum: 15. bis 28. März 2021.

3) Die 10 besten Kandidat*innen der zweiten Runde werden nach Berlin eingeladen (wenn die Präsenzrunde möglich ist, ansonsten findet die Runde ebenfalls online statt). Dort findet ein gemeinsames Training und die finale Nationalrunde statt. Voraussichtlicher Termin: Mai 2021.

Die vier erfolgreichsten Teilnehmenden bilden das deutsche Team und reisen gemeinsam mit zwei Wissenschaftlerinnen des ZAS zur Internationalen Linguistik-Olympiade (19. bis 23. Juli) nach Ventspils, Lettland, falls die Pandemie-Situation das zulässt. Anderenfalls wird die Internationale Olympiade ebenfalls online stattfinden.

Teilnehmen kann man hier: https://www.leibniz-zas.de/de/service-transfer/linguistik-olympiade/auswahlverfahren-2021

Mehr Informationen rund um den Wettbewerb finden Sie auf unserer Webseite: https://www.leibniz-zas.de/de/service-transfer/linguistik-olympiade/

Bei Nachfragen kontaktieren Sie bitte das Organisationsteam unter folgender E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Fabienne Salfner
(im Auftrag des Organisationsteams am ZAS)

Getestet werden bei der Linguistik-Olympiade Sprachgefühl, kulturelle Vorstellungskraft und logisch-analytisches Denken, was zur Folge hat, dass nicht nur sprachlich, sondern allgemein und vielfach begabte Schüler*innen die besten Ergebnisse erzielen.

Hier kann man die Aufgaben der 1. Runde aus dem Jahr 2020 ausprobieren. Quelle: https://www.leibniz-zas.de/de/service-transfer/linguistik-olympiade/

Die Antikensammlung in der Kunsthalle zu Kiel

(im Mai 2020 ins Netz gestellt)

https://www.youtube.com/watch?v=3916jJW6tgU&feature=youtu.be


 

Was macht der Schienenpanzer in Kalkriese?

Wissenschaftler präsentieren Jahrhundertfund

Wieder einmal ist den Archäologen am Ort der Varusschlacht in Kalkriese eine sensationelle Entdeckung gelungen. Gefunden wurde ein römischer Schienenpanzer. Er ist annähernd vollständig und datiert in die Zeit um Christi Geburt. Der Kalkrieser Schienenpanzer ist somit das am besten erhaltene und derzeit älteste bekannte Exemplar dieses Rüstungstyps in der römischen Welt.

Weiterlesen: Fund Schienenpanzer | Forschung | Varusschlacht im Osnabrücker Land (kalkriese-varusschlacht.de)

Gut gemacht auch der Kurzfilm:

Projekt Schienenpanzer - YouTube