Dennis Pausch: Virtuose Niedertracht. Die Kunst der Beleidigung in der Antike. München: Beck 2021. 223 S. € 22,--

Calumniare audacter, semper aliquid haeret – das ist leider kein antikes, sondern neuzeitliches Latein (und stammt von Francis Bacon), aber es trifft die Kunst der Verleumdung, die ars invectiva, von der Dennis Pausch (TU Dresden) zu berichten weiß, gewissermaßen wie der Hammer nicht den Nagel, sondern den Daumen – es tut weh, zumindest denen tut es weh, die die Antike immer noch auf das Gute, Wahre und Schöne beschränken.

Pausch gibt auf etwas mehr als 150 Textseiten einen Überblick über die Beleidigungskunst von Cato und der römischen Komödie bis zu Fronto und der Historia Augusta, wobei die Schwerpunkte auf Cicero und Catull, der Satire und Martials Epigrammen liegen, außerdem natürlich auf den Graffiti aus Pompei. Als Themenkomplexe identifiziert Pausch die Angriffe auf (republikanische) Politiker „von unten“, den Streit von Politikern oder Schriftstellern untereinander, die Polemik gegen Herkunft, (niedrige) Berufe oder abweichendes, v.a. effeminiertes Verhalten – man hätte auch noch den gnadenlosen Umgang mit körperlicher Behinderung hinzufügen können, aber das wäre vielleicht eine zu arge Provokation des modernen Lesepublikums gewesen.

Das Buch ist zum einen eine verlässliche, kurz gefasste Einführung in die Kunst der Beleidigung in Rom, zum anderen gewinnt es seinen aktuellen Bezugsrahmen durch die immer wieder eingestreuten Schlaglichter auf heutige Erscheinungsformen der Polemik und Beleidigung – ob das nun der battle rap, der Hashtag #notmyconsul oder die Drohung into your face Piso ist. Das ist nicht einfach mit der Wurst nach der Speckseite geworfen, sondern eine Ermutigung, die antiken Texte mit der Brille heutiger Erfahrung zu lesen. Denn die möglichen Aktualisierungen sind natürlich nicht auf die Stichworte Pauschs beschränkt, sondern lassen sich immer wieder neu generieren und auch ad hoc in die universitäre oder schulische Unterrichtspraxis transponieren. Das Buch in jeder Hinsicht anregend – und wenn wirklich ein Schüler oder eine Studentin dann auf Latein beleidigt, dann beleidigt er oder sie wenigstens gebildet.

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